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Genetische Mängel PDF Drucken
Donnerstag, den 02. Oktober 2008 um 15:53 Uhr

Bundesgerichtshof (BGH) , Urteil vom 22. Juni 2005, AZ: VIII ZR 281/04

In diesem Fall war es um den Kauf eines Rauhhaardackelwelpen gegangen. Dieser war vom Züchter, der seit 30 Jahren in der Dackelzucht aktiv war, im Juni 2002 für 500 Euro an einen Käufer verkauft worden.

5 Monate später stellte sich bei der achten Kontrolluntersuchung durch die behandelnde Tierärztin des Käufers heraus, dass der Dackel eine Fehlstellung des rechten hinteren Sprunggelenkes hatte, die zu übermäßigen O - Beinen führen würde. Der Käufer forderte daraufhin von dem Verkäufer Schadensersatz. Rückgängig machen wollte der Käufer den Kauf nicht, da ihm der Dackel zwischenzeitlich sehr ans Herz gewachsen war. Es ging also nur um die Frage, ob der Verkäufer dem Käufer hier Schadensersatz schuldet.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass die nach dem Gesetz eigentlich zuerst geschuldete Nacherfüllung beim Tierkauf nur selten in Betracht kommt. Selbst durch die Operation könne der Mangel nämlich nicht völlig beseitigt werden, weil andere, erhebliche Neben- und Folgewirkungen eintreten würden.

 

Ein Mangel würde dann nur durch andere Mängel "ausgetauscht" werden. Eine Nachlieferung scheide auch aus, weil - wie das üblicherweise der Fall ist - ein bestimmter Dackel verkauft worden war, und nicht nur ein Hund "Marke Dackel".

Der Bundesgerichtshof hat dann auf den Unterschied zwischen Rückgängigmachung des Kaufes und Minderung einerseits und Schadensersatz andererseits hingewiesen: Minderung und Rückgängigmachung des Kaufvertrages können immer verlangt werden, wenn ein Mangel vorliegt. Schadensersatz setzt aber ein Verschulden des Verkäufers voraus.

Es stellt sich mithin die Frage, worin das Verschulden des Verkäufers (Züchters) begründet sein kann. Auf Grund der ausführlichen Lösung des BGH, möchte ich Ihnen diese Entscheidung nicht vorenthalten:

Auch ein Verschulden - Vorsatz oder Fahrlässigkeit - ist bei dem vorliegenden Sachverhalt zu verneinen, wenn die vier Monate nach der Übergabe erkannte Fehlstellung des Sprunggelenks auf genetischen Ursachen beruhte.

Ein Züchter hat nicht schlechthin für eventuelle genetische Fehler eines Hundes einzustehen. Ein Züchter, der eine Garantie für eine bestimmte Entwicklung des Tieres nicht übernommen hat, hat dessen anlagebedingte Fehlentwicklung zu vertreten, wenn er - abgesehen von der im vorliegenden Fall von vornherein ausscheidenden Schuldform des Vorsatzes - für die genetischen Ursachen der Fehlentwicklung deshalb die Verantwortung zu tragen hat, weil er bei der Zucht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und dadurch fahrlässig gehandelt hat (§ 276 Abs. 2 BGB).

Hinsichtlich eines solchen, in der Natur des Tieres begründeten genetischen Fehlers ist dem Züchter keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen, wenn er die Zucht nach den dafür geltenden, auf Wissenschaft und Erfahrung beruhenden züchterischen Grundsätzen - lege artis - betreibt. Es besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass dem Beklagten ein Zuchtfehler nicht vorzuwerfen ist. Der Beklagte betreibt die Hundezucht seit mehr als 30 Jahren, hat damit zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen gewonnen und verkauft jedes Jahr etwa 50 Welpen im In- und Ausland.

Er ist im Deutschen Teckelclub als seriöser Züchter anerkannt und war selbst als Zuchtwart tätig. Daraus ergibt sich, dass der Beklagte die Hundezucht mit der erforderlichen Sachkunde und Professionalität betreibt. Gegen ein Verschulden im konkreten Fall spricht darüber hinaus insbesondere, dass nicht zu ersehen ist, wie der Beklagte als Züchter den (vermuteten) genetischen Defekt dieses einzelnen Welpen hätte vorhersehen und verhindern können. 

Der Verkäufer würde also in jedem Fall haften, wenn er eine unbedingte Verantwortung für eine bestimmte Entwicklung, somit eine Garantie, übernommen hätte, z. B. durch eine ausdrückliche Vereinbarung im Vertrag.

Darüber hinaus, wenn es also keine vertragliche Vereinbarung oder Garantiezusage gibt, haftet der Verkäufer nur dann, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei der Zucht außer Acht gelassen hat. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff  jedoch sagt nichts aus. Auf Grund dessen stellt sich die Frage, wie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei einer Zucht denn nun auszusehen hat.

Der Verkäufer in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall konnte auf eine 30-jährige Erfahrung und eine Tätigkeit als Zuchtwart verweisen. Daraus folgert der Bundesgerichtshof, dass der Verkäufer über die "erforderliche Sachkunde" und "Professionalität" verfügt.

Kommentar:

Es stellt sich aber auch hier wieder die Frage, ob gerade nur aus der bloßen langjährigen Erfahrung und einer Tätigkeit als Zuchtwart generell und objektiv auf die "erforderliche Sachkunde" und "Professionalität" geschlossen werden kann. Der Bundesgerichtshof musste sich in dem entschiedenen Fall zu diesem Punkt nicht mehr näher äußern, da er an die tatsächlichen Feststellungen des vorinstanzlichen Landgerichts gebunden war.

 

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