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Forum der Tierrechtsbewegung darf über Anti-Pelz-Kampagne berichten! Drucken
Samstag, den 19. September 2009 um 12:05 Uhr

OLG Hamm, Urteil v. 03.05.2009 - Az.: 3 U 9/09

Das Oberlandesgericht Hamm hatte darüber zu entscheiden, ob die Klägerin – eine Modefirma, die für ihre Kollektionen auch echte Tierpelze verwendete – von dem Beklagten – einem Forum-Betreiber der Tierrechtsbewegung – Unterlassung der Berichterstattung über die Anti-Pelz-Bewegung verlangen kann.

Die Modefirma stand seit 2007 im Fokus von Tierschützern und Tierrechtsorganisationen, wobei radikale Aktivisten auch gewalttätig gegen Einrichtungen der Klägerin vorgegangen waren. In dem Forum wurde über verschiedene Aktionen der gesamten Tierrechts-Szene berichtet. Das Forum bekannte sich grundsätzlich zum Kampf für Tierrechte. Dort wurde u.a. eine Vielzahl von Terminen veröffentlicht, an denen Tierrechtler Aktionen planten, die teilweise strafrechtlich relevant waren. In der Vergangenheit waren darüber hinaus sog. Bekennerschreiben ohne Kommentar veröffentlicht worden. Zudem unterstützt der Beklagte autonome Tierrechtler, z.B. durch die Übernahme von Rechtshilfekosten.

Die Modefirma war der Auffassung, dass der Beklagte in dem von ihm betriebenen Forum im Rahmen der Berichterstattung über die Anti-Pelz-Kampagne konkret zu Straftaten auffordere. Sie nahm den Forenbetreiber daher gerichtlich, im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, auf Unterlassung in Anspruch.

Während das Landgericht Münster dem Antrag stattgab und dem Forenbetreiber die Berichterstattung untersagte, hat das OLG Hamm den Antrag abgewiesen und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Zum einen sei die Unterlassungsverfügung in Form des Tenors der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend konkret, da vorliegend für den Forenbetreiber nicht klar erkennbar sei, was er im Rahmen seiner grundgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Meinungsfreiheit an eigener Meinung noch berichten dürfe und was nicht.

Zum anderen hielt das OLG ein Verbot jeglicher Berichterstattung für rechtswidrig. Zur Begründung führt das OLG aus, dass für die Haftung des Forum-Betreibers im vorliegenden Fall maßgeblich sei, wie die streitigen Aussagen im Gesamtkontext des Internet-Auftritts zu bewerten seien.

Eine rechtlich erhebliche öffentliche Aufforderung zu Straftaten lasse sich dem Gesamtkontext der Berichterstattung nicht entnehmen. Hierfür sei eine bestimmte, über ein bloßes Befürworten hinausgehende Aufforderung zu einem bestimmten Tun erforderlich, das bloße Gutheißen von Straftaten genüge nicht. Eine Einflussnahme in diese Richtung sei vorliegend nicht ersichtlich. Nur weil der Beklagte das Vorgehen der Modefirma nicht billige und in einzelnen Passagen Sympathie mit Tierschützern zum Ausdruck brachte, stelle dies keine Aufforderung zu einem bestimmten strafbaren Verhalten zum Nachteil der Klägerin dar.

Auch eine mittelbare Aufforderung zu sonstigen rechtswidrigen Handlungen lag nach Ansicht des OLG nicht vor. Zwar könne in den Aussagen in dem Forum mittelbar der Aufruf an die Leser zum Boykott des Kaufs von Pelzbekleidung bei der Klägerin gesehen werden. Ein Boykott-Aufruf, der nicht aus eigenem wirtschaftlichem Interesse erfolge, sondern unter Bezugnahme auf Belange der Allgemeinheit, sei aber nicht ohne weiteres unzulässig.

Vielmehr habe eine umfassende Abwägung der Interessen der Klägerin gegen die dem Beklagten zukommende Meinungsfreiheit stattzufinden. Der Meinungsfreiheit der Tierschützer und Tieraktivisten sei dabei grundsätzlich der Vorrang einzuräumen, soweit lediglich ein bloßer Aufruf zum Boykott von Tierpelzen aus Tierschutzgesichtspunkten mit legalen Mitteln in Rede stehe. Solange der Forenbetreiber nicht konkret zu Straftaten aufrufe, habe die Meinungsfreiheit Vorrang.

Vorinstanz: LG Münster, 11 O 405/07

 

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