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Wie viele Schlangen sind erlaubt? Drucken
Mittwoch, den 26. November 2008 um 13:07 Uhr

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.12.2003; 14 Wx 51/03 (gekürzt)

Das OLG Karlsruhe hatte sich im Jahr 2003 mit den sofortigen weiteren Beschwerden zweier Wohnungseigentümer gegen den Beschluss des LG Freiburg i. Br. zu befassen.

Antragsteller und Antragsgegner waren Mitglieder einer größeren Wohnanlage. Die Eigentumswohnung des Antragstellers befand sich im 1. OG, die des Antragsgegners unmittelbar darunter im EG. Zur Wohnung des Antragsgegners gehört das Sondernutzungsrecht am vorgelagerten Teil des Gartens. Der Antragsgegner hielt zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung im Garten diverse Schildkröten und in seiner Wohnung in Terrarien 25-30 Giftschlangen, 4 Chamäleons , 2 Kragenechsen sowie 6 Pfeilgiftfrösche.

Der Antragsteller verlangte vom Antragsgegner, die Haltung von Reptilien in der Wohnung und im Garten zu unterlassen. Dem Unterlassungsverlangen hielt der Antragsgegner entgegen, dass von den Tieren keine Belästigung ausgehe, sie nahezu geruchsfrei seien und die an sie zu verfütternden Nagetiere nicht in der Wohnung gehalten würden. Er verlangte vollständige Abweisung des Unterlassungsantrags. 

Das OLG hat ausgeführt, dass die Entscheidung des LG der Überprüfung insoweit standhalte, soweit der Antragsgegner verpflichtet wird, das Halten giftiger Reptilien und giftiger Frösche in seiner Wohnung zu unterlassen und die vorhandenen derartigen Tiere zu entfernen.

Die Haltung giftiger Tiere in einer Eigentumswohnung stellt nach Auffassung des OLG - unabhängig davon, ob Tierhaltung nach der Teilungserklärung beschränkt ist oder nicht - keinen ordnungsgemäßen Gebrauch einer Eigentumswohnung dar, weil sie den hiesigen Vorstellungen über die Haltung von Tieren in Wohnanlagen nicht entspricht und geeignet ist, bei anderen Hausbewohnern die begründete Besorgnis auszulösen, von etwa entwichenen Tieren geschädigt zu werden. Eine solche latente Bedrohungssituation müsse kein Wohnungseigentümer hinnehmen.

„Das Recht des Wohnungseigentümers, mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben zu verfahren, besteht nicht unbegrenzt, sondern nur, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen (§ 13 WEG). Eingeschränkt wird es u.a. durch § 14 Nr. 1 WEG. Danach darf jeder Wohnungseigentümer von seinem Sondereigentum und vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch machen, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Maßgeblich ist dabei die Verkehrsanschauung, die je nach den konkreten Verhältnissen zu unterschiedlichen Beurteilungen führen kann (Weitnauer/Lüke, WEG, 8. Aufl. 1995, Rz. 3 zu § 14). Wenn ein Wohnungseigentümer die ihm nach der genannten Vorschrift gezogenen Grenzen überschreitet, kann jeder andere Wohnungseigentümer von ihm nach § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG die Unterlassung des übermäßigen Gebrauchs verlangen.“

Etwas anderes gilt nach Ansicht des OLGs für die Haltung nichtgiftiger Reptilien:

Die Haltung und auch Züchtung nichtgiftiger Reptilien in Wohnung und Garten stellt keinen nichtordnungsgemäßen Gebrauch des Sondereigentums dar, wenn eine Geruchsbelästigung ausgeschossen ist und mit ihr auch keine sonstigen vermeidbaren Nachteile für die anderen Wohnungseigentümer verbunden sind.

Die Vorinstanz war ohne weiteres davon ausgegangen, dass mit der Entfernung der giftigen Schlangen und Frösche die Gefahr einer Geruchsbelästigung durch in der Wohnung gehaltene Tiere beseitigt sein werde. Ferner hatte das LG festgestellt, dass eine nennenswerte Störung durch Haltung und Züchtung von Schildkröten im Garten nicht ersichtlich sei. Das LG hatte jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob und - wenn ja - in welchem Maß von den in Haus und Garten gehaltenen Tieren eine Geruchsbelästigung ausgeht oder ausgehen kann, ggf., wieweit das Ausmaß der Geruchsbelästigung von Art und Zahl der gehaltenen Exemplare abhängt.

Die anstandslose Bejahung der Voraussetzungen für die Haltung nichtgiftiger Reptilien durch das LG beruht nach Auffassung des OLG auf einer Rechtsverletzung (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG - Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 12 FGG). Insoweit hat das OLG den angefochtenen Beschluss daher in entsprechender Anwendung von § 562 Abs. 1 ZPO aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Vorinstanz:

LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 16.04.2003; Aktenzeichen 4 T 111/02)

 

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